Vergleichen Erlaubt

3. Abonnementkonzert.

Carl Philipp Emanuel Bach (1714 - 1788)Magnificat D-Dur Wq 215
Heilig, heilig ist Gott Wq 217
Johann Sebastian Bach (1685 - 1750)Magnificat BWV 243
Vater-Sohn-Vergleiche sind ja mittlerweile, zumindest in der modernen
Pädagogik, etwas in Verruf geraten - wie Messlatten mit
Recht ganz allgemein. Nicht weitersagen bitte, dass wir es dennoch
wagen,
Carl Philipp Emanuel Bach gegen seinen Vater ins Rennen zu
schicken. Einfach zu verlockend die Frage, ob, und wenn ja, worin
sich beide Vertonungen des lateinischen Magnificat unterscheiden.
Nimmt der Sohn anno 1749 Bezug auf die knapp zwanzig Jahre ältere
Partitur des Vaters, die er ohne Zweifel kannte? Immerhin lebt Sebastian
noch. Oder grenzt er sich ab, indem er einem längst veränderten
Zeitgeschmack Rechnung trägt, Gelehrtes zurücknimmt, Galantes,
Empfindsames an seine Stelle rückt, eine eingängigere Rhetorik
entwickelt? Neugierig geworden? Dann sicher auch auf den zweiten
Vergleich des Konzertprogramms: Der sucht zu erkunden, welche stilistischen
Verwandlungen Emanuels Kirchenmusik innerhalb seines
Schaffens durchläuft, zwischen dem Magnificat, entstanden in
Berlin während seiner Amtszeit als Hofcembalist Friedrichs II., und
dem Heilig von 1778, einer opulenten, doppelchörig ausgeführten
Michaelismusik aus seiner Zeit als freier Künstler in der weltoffenen
Atmosphäre der Hansemetropole Hamburg und Musikdirektor der
dortigen Hauptkirchen. Zu Neujahr diesmal also ein schöner, ein
erhellender Beitrag zur Familienforschung und eine Reverenz gegenüber
dem originellsten, einflussreichsten Bachsohn. Ein Jahr zu früh,
sagen Sie? Er wird doch erst 299? Stimmt, aber muss es denn immer
ein rundes Jubiläum sein?

Hans-Christoph Rademann, Dirigent
Elizabeth Watts, Sopran
Wiebke Lehmkuhl, Alt
Lothar Odinius, Tenor
Markus Eiche, Bass
RIAS Kammerchor
Akademie für Alte Musik Berlin

Quelle: kulturkurier / Kulturclub.de